Schlag auf Schlag by Harlan Coben
Autor:Harlan Coben
Die sprache: deu
Format: azw3
ISBN: 9783442464500
Herausgeber: Goldmann
veröffentlicht: 2007-02-11T23:00:00+00:00
22
Myron warf auf der asphaltierten Fläche neben der Einfahrt ein paar Körbe. Der lange Sommertag ging zu Ende, doch der Korb wurde von Scheinwerfern angestrahlt. Als er in der sechsten Klasse war, hatte Myron sie zusammen mit seinem Vater angebracht. Die verschiedensten Grillgerüche wetteiferten in der stehenden Luft miteinander. Hähnchen von den Dempseys. Hamburger von den Weinsteins. Kebab von den Ruskins.
Myron warf, schnappte sich den Rebound, warf wieder. Er kam langsam in Fahrt, der Ball rotierte rückwärts durch den Korb. Ohne Ringberührung durchs Netz. Das graue T-Shirt klebte an
seiner schweißnassen Brust. Sonst kamen Myron hier immer die besten Gedanken, aber jetzt war sein Kopf leer. Es gab nur den Ball, den Ring und die wunderschöne Kurve, wenn er den Ball losließ. Ein unschuldiges Vergnügen.
»Hey, Myron.«
Das war Timmy von nebenan. Timmy war zehn.
»Hau ab, Kleiner. Du störst.«
Timmy lachte und holte sich den Rebound. Es war ein Witz zwischen ihnen beiden. Timmys Mutter war fest überzeugt, ihr Sohn würde Myron stören, und Myron sollte ihn immer sofort, wenn er zu ihm herüberkam, nach Hause schicken. Timmy kam trotzdem. Seine Freunde und er waren fast immer da, wenn Myron ein paar Körbe warf. Manchmal, wenn sie noch einen Mitspieler brauchten, klopften die Kinder auch an die Tür und fragten Myrons Mom, ob Myron rauskommen und mit ihnen spielen dürfe.
Myron und Timmy warfen ein bisschen. Sie unterhielten sich über Dinge, die für kleine Jungen wichtig waren. Ein paar weitere Nachbarkinder kamen dazu. Der Junge der Daleys. Das Mädchen der Cohens. Andere. Am hinteren Ende der Einfahrt wurden Fahrräder abgestellt. Sie spielten. Myron machte den Passgeber. Keiner zählte richtig mit. Alle hatten viel zu lachen. Ein paar Väter gesellten sich dazu. Arnie Stollman. Fred Dempsey. Das hatten sie schon eine ganze Weile nicht mehr gemacht. Den einen oder anderen mochte es zu sehr an ein Bild von Norman Rockwell erinnern, doch Myron fühlte sich sehr wohl dabei.
Es war schon fast zehn, als die Kinder gerufen wurden. Die Mütter lächelten und winkten Myron von den Stufen vor ihren Häusern zu. Myron winkte zurück. Die Kinder maulten kurz, gingen dann aber hinein.
Sommer und die großen Ferien. Darüber lag immer so ein Hauch von Unschuld. Angeblich waren die Kinder heutzutage
ganz anders. Sie mussten sich mit Waffen, Drogen und AIDS herumschlagen. Aber an einem Sommerabend in einem gutbürgerlichen Vorort verstand man sich sogar generationsübergreifend - und war weit weg von Leuten wie Aaron und den Ache-Brüdern, weit weg von ermordeten Frauen.
Valerie hätte das Spaß gemacht.
Mom öffnete die Hintertür. »Telefon«, sagte sie knapp.
»Wer ist es?«
Ihre Stimme klang wie eine geballte Faust. »Jessica.« Sie verzog dabei das Gesicht, als hinterließe der Name einen unangenehmen Geschmack auf ihren Lippen.
Myron versuchte, nicht zu rennen. Er lief die Hintertreppe hinauf in die Küche. Sie war im letzten Jahr komplett renoviert worden. Warum, wusste Myron nicht. Keiner im Haus kochte, es sei denn, man betrachtete das Erhitzen tiefgefrorener Pizzas in der Mikrowelle als Kochen.
»Ich nehm's im Keller an«, sagte er.
Mom grunzte. Verkniff sich einen dummen Spruch. Genau wie Esperanza war auch Mom nachtragend. Besonders, wenn es um ihren kleinen Liebling ging.
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